In einem Zeitungsinterview mit Dietmar Wischmeyer war zu lesen, dass er nach 18:00 Uhr nicht mehr arbeiten mag. Folgerichtig beginnt die Lesung aus seinem jüngsten Buch „Vergeigt, Verkackt, Versemmelt – Erinnerungen an die Gegenwart“ im fast ausverkauften Haus Leipzig schon um 16:00 Uhr. Auf der Bühne steht ein großer Tisch mit Leselampe, an dem der Meister Platz nehmen wird. Im Halbdunkel, am Bühnenrand, hat man einen schweren Ledersessel hinter einem Couchtisch platziert. Auf dem Couchtisch steht ein Buch.

Die Begrüßung besteht aus einer längeren Abfolge exquisiter, eigens von Wischmeyer kreierter Beleidigungen, die der Satiriker mit seiner unverwechselbaren Fanfarenstimme dem begeisterten Publikum an den Kopf wirft. Wir Deutschen sind ein Volk von Dödeln und Schlaffis, das angesichts von 350.000 angemeldeten Wohnmobilen, aber nur 250 Leopard-2-Panzern nicht mehr weiß, wo die Prioritäten zu liegen haben.

Bei einem Boomer überrascht es nicht wirklich, dass für Wischmeyer früher, wenn schon nicht alles, so doch vieles besser war – wie etwa die Werkstatt, in der Wischmeyer seine alte Moto Guzzi V7 warten lässt und die von einer trendigen Kette übernommen wurde. Auch ansonsten gibt es viel zu bemängeln und so bekommen seine VW-Werkstatt, Wohnmobilisten, Sandalenträger und Hundebesitzer ihr Fett weg.

Mit einem kurzer Werbeblock unterbricht der Autor die Lesung. Hell erleuchtet ein Spotlicht sein im Halbdunkel stehendes Buch, das Anlass für die heutige Veranstaltung ist.

Nach gefühlten 30 Minuten sind schon eineinhalb Stunden vergangen. Ein kurzweiliger Nachmittag ist wie im Fluge vergangen. Unter dem Beifall der immer noch begeisterten Zuschauer kann Wischmeyer pünktlich seinen Feierabend antreten.

(Jury-Mitglied Martin Lutz)

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