Mathias Richling ist 72 Jahre alt, was man ihm weder ansieht noch anmerkt. Unermüdlich tippelt er in seltsamen grünen Sportschuhen (passend zur grünen Krawatte) über die Bühne, um hier zwei Stühle zu rücken, dort ein paar Bücher zu sortieren. Selbst eine Pause möchte er nicht machen, gibt sich aber dem Veranstalter geschlagen. Außerdem erhält er so die Möglichkeit, drei seiner Bücher an Interessierte zu bringen. Zumal das eine mit „Virus“ im Titel durch Bedenken hinsichtlich der Corona – Leugnung nie in den Handel gelangte… Nachdem nun auch seine TV – Auftritte in eigenen Shows bzw. Beteiligungen an anderen durch Tod (sein Freund Dieter Hildebrandt), Spar – oder andere Maßnahmen hinfällig wurden, findet er am Freitagabend jedoch im eng bestuhlten Haus Leipzig ein dankbares Publikum. Man kennt diesen Dampfplauderer, der in hoher Geschwindigkeit das abspult, was er sagen möchte.

Die Parteienlandschaft von links bis rechts bekommt gleichermaßen ihr Fett ab, wobei beim Grünen – Bashing sein Schreibtisch in eben dieser Farbe leuchtet.

Als Einstieg geht Richling auf die deutsche Einheit ein: Es ist jetzt 35 Jahre her, dass wir sie HATTEN! Der Westen investierte ja in dieses Abschreibungsobjekt auf Ossi – komm – raus. Soligelder kamen mitunter an der richtigen Stelle an, das konnte man gar nicht verhindern. Und: Eine Wahlurne heißt so, weil man in ihr seine Vorstellungen und Wünsche beerdigt.

Überragend sind natürlich die Persiflagen auf einige Politiker: Johannes Rau, Cem Özdemir, Winfried Kretschmann. Am besten gelingt ihm das aber beim Porträtieren unserer ehemaligen Outdoor – Ministerin Baerbock: Er mixt Originalzitate mit Englisch – Fauxpas und reichert sie mit Selbstüberschätzung an. Herrlich!

Ebenso gekonnt lässt er einen schwäbischen Vater die Schuld am missratenen Sohn weit von sich weisen; vielmehr werden die Versäumnisse an der schlechten Qualität der deutschen Schulbildung festgemacht. Aber andererseits: So sind die Schulabgänger wenigstens gut auf ihre zukünftige Verwahrlosung und Obdachlosigkeit vorbereitet.

Abschließend ereifert sich der Wortakrobat darüber, dass wir glauben, mithilfe der Verhunzung unserer kleinen deutschen Sprache durch Auswüchse wie Steuerzahler und Steuerinnenzahler sowie die Vermeidung von N-, I- und Z- Wörtern den weltweit grassierenden Rassismus auszumerzen. Apropos Merz: Den Bundeskanzler (Was hat der denn auf dem Kopf?) imitiert er durch staatsmännisch vorgetragene, abgehackte und stets falsch betonte Wörter.

Auch wenn der Teil nach der Pause qualitativ etwas abfiel: Guter Mann, der Richling!

(Jury-Mitglied Gesine Kloppe)