„Gründlich gemütlich“
Hinter dem Namen politisches Kabarett vermutend, irritiert der Einstieg mit einem Jodellied, in bayrischer Mundart und in der „Brunftbluse“ (Dirndl) bzw. Lederhose vorgetragen. Ein Blick auf das Ticket bringt dann die Erkenntnis: Im Untertitel heißt es „Gründlich gemütlich – ein wilder Heimatabend“. Es wird versprochen, dass es hyggelig wird und die Welt heute draußen bleibt. Außerdem kämen die Ausländer aus besagtem Stadtbild ja eher selten ins Kabarett.
Bettina Prokert, alias Silke Sumpf – Pretsch, und Maxim Hofmann, alias Thomas Lühmlich, am Piano bringen viel Spielfreude und Tempo in den nur halb gefüllten Saal der Pfeffermühle. „Wo sind eigentlich die jungen Leute?“, grübelt Thomas angesichts eines einzigen Jugendlichen im Publikum und gesteht, dass er sich mitunter fragt, ob er schon Altenpfleger oder noch Kabarettist sei.
In welcher Beziehung nun genau die beiden Protagonisten auf der Bühne zueinander stehen, wird nicht ganz klar, zumal sie sich konsequent siezen: Sie gibt eher den resoluten Hausdrachen mit kurzer Zündschnur, er den langmütigen, ungelenken Schlacks.
Wie gestaltet man einen gemütlichen Heimatabend? Sofa mit Kissen (mit Knick!) sind schon auf der Bühne. Die Molli – Decke und die Hausschuhe, in die Thomas schlüpft, lassen ihn zum Wolf mutieren. Das Rotkäppchen allerdings ist blickig: Sie kennt das Märchen schon und fällt somit auf Wolfs Verführungskünste nicht herein. Vielmehr verrät sie ihm, dass er ein Geißlein zu wenig verspeist hat und Rumpelstilzchen durch hohe Arbeitsbelastung (backen, brauen, Kind holen) Burnout bekommen hat.
Weitere Themen werden im Schnelldurchlauf gestreift: Neue Helden braucht das Land oder vielleicht auch einen demokratischen Diktator? Handwerker sind wie Einhörner, man weiß nie, ob es sie wirklich gibt. usw. usf.
Natürlich gehören Volkslieder zur Heimattümelei dazu, die das Publikum zwar verhalten, aber fröhlich mitsingt. Die „Auswärtigen“ unter den Gästen werden sofort entlarvt, als es gilt, DDR – Lieder bzw. ein russisches Kinderlied zu singen.
Als Zugabe gibt es eine Hommage an den Sandmann von DJ Mondrakete aka Thomas. Wer hat einen Führerschein für alle Fahr -, Schwimm – und Fluggeräte? Wer trainiert mit seinem Sandsack? Wer braucht kein Schlaflabor und ist ein echter Ossi – Superheld? Klingt nicht lustig?- Ist es aber!
Wobei ja eigentlich die Deutschen doch gar nicht lustig sind, sondern bierernst. Sie versehen das Wort lachen mit Zusätzen wie krank- oder tot -… Nun ist aber Schluss mit lustig, denn von deutschem Boden sollte nie wieder ein Witz ausgehen.
Natürlich haben die beiden auch einen Merch im Angebot: Des Wahnsinns fetter Beutel kann käuflich erworben werden.
Fazit: Lustig war’s und kurzweilig. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
(Jury-Mitglied Gesine Kloppe)



