In Erwartung der beiden alten, weißen und auch weisen Männer, die geistreich reimend und scharfzüngig im letzten Jahr begeisterten, sah man sich am Sonntag (Etikettenschwindel?) getäuscht: Auf der Bühne im gut gefüllten Saal der Pfeffermühle stehen am Sonntagnachmittag zwei Frauen (Marion Bach und Heike Ronniger – bekannt aus Leipziger Theaterproduktionen) und Oliver Voigt am Klavier. Na gut, macht ja nichts.
Natürlich hat es ein Kabarett am Ende einer Lachmesse – Woche schwer, die schon mehrfach behandelten gesellschaftlichen Unzulänglichkeiten und Ärgernisse (vom Parteien – Bashing, über die Stadtbild – Debatte, bis zum Gendersternchen und der Fragestellung „Darf man das überhaupt noch …?“) nun erneut vor die Augen und Ohren des Publikums zu bringen. Was aber hier im ersten Teil dargeboten wird, ist ebenso abgegriffen und altbacken wie die Klemmmappe, in der der als Aufhänger dienende, neu zu lernende Text der Kabarettistin steckt, aber vermutlich nur Erwartbares enthält. Da wird mit übertriebener Mimik und Gestik und gegenseitigen Vorwürfen agiert, Arme werden wütend in Hüften gestützt oder überlegen verschränkt, Texte einfach aufgesagt, sodass man sich an seine früheren Zeiten im Schülerkabarett zurückerinnert. Roy Black und Roberto Blanco werden verwechselt, obwohl sie doch wegen der Hautfarbe gar nicht zu verwechseln sind („Wenn ihr nicht mehr ‚schwarz‘ sagt, müsst ihr auch nicht gendern.“). Die Grünen – als Wendehälse gebrandmarkt – geben konstant 12 Prozent. Und: Wie schön war es doch vor 30 Jahren (Song „Ich wünsche mich in die 90-er zurück“).
Der Teil nach der Pause beginnt mit der besten Darbietung in diesem Programm: Marion im Cowgirl – Outfit und amerikanischem Akzent kritisiert die Deutschen wegen ihrer German Angst. Sie seien überall gespalten (als Fahrradfahrer, in Talkshows), traumatisiert von der Vergangenheit, zu geduldig (Bau des City – Tunnels), haben aber doch das Kugel – und das Konzentrationslager (autsch!) erfunden und Deutschland sei nun mal das Land der Diesel und Denker… Und was haben sie daraus gemacht: Eine sauerländische Miniatur von Trump an die Spitze des Landes gewählt. Anschließend soll das Publikum mitsingen beim Lied: „Ich bin deutsch und trotzdem gut!“
Der „rote Faden“, gegen bzw. für etwas zu sein, wird dünner und dünner beim Song über verschiedene Gemüsesorten, der in der Erkenntnis gipfelt: Im Internet finden alle für sich das Passende. Vollends verloren geht er, als Heike und Marion als zwei Omas auf der Bank sitzen und sich über die Tücken des Älterwerdens und Sex im Alter (autsch!) unterhalten. Heike (als sehr seltsame Alte) beneidet Marion, die gerade vom Friedhof kommt: „Du kannst schon gießen, ich muss noch kochen.“
Zwei kluge Sätze werden dem Publikum mit auf den Heimweg gegeben:
Was soll man öfter machen? – Lachen! Das macht viele tolle Sachen! Und: Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt. Das stimmt natürlich. Vorausgesetzt, er ist gut gemacht.
(Jury – Mitglied Gesine Kloppe)



